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Krähe

Krähen

Ihr schlechter Ruf als Nesträuber ist größtenteils unbegründet

26.7.2021

Die EULEN- UND GREIFVOGELSTATION Haringsee nimmt pro Jahr dutzende junge Krähen zur Aufzucht und Auswilderung auf. Krähen erfreuen sich unterschiedlicher Beliebtheit: Während sie bei manchen Menschen auf große Zuneigung und Bewunderung stoßen, fallen sie anderen auf die Nerven.  

In Österreich sind acht verschiedene Krähenarten heimisch: Eichelhäher, Elster, Tannenhäher, Alpendohle, Dohle, Saatkrähe, Aaskrähe, Kolkrabe. Krähen sind Singvögel.

Wussten sie schon?

Fakten über Krähen

Saatkrähen und Aaskrähen werden oft verwechselt. Saatkrähen sind zumeist Wintergäste aus Russland, die von November bis März zu tausenden die Stadt bevölkern. Wenige heimische Kolonien sind Restbestände einer einstmals großen österreichischen Population. Erkennbar ist diese Vogelart an zwei Merkmalen: Dem weißen Schnabelansatz und die plumpere Erscheinung, durch die sie sich von den schwarzen Rabenkrähen unterscheidet.

Bezüglich der Lebensweise ist das Brüten in Kolonien hervorzuheben. Befinden sich in einem Baum (vornehmlich Platanen) mehr als 2-3 Nester, handelt es sich um eine kleine Saatkrähenkolonie.

Rabenkrähe

Rabenkrähe

Aaskrähen kommen in Wien in zwei Unterarten vor: Die kohlschwarzen Rabenkrähen, die man mit jugendlichen Saatkrähen leicht verwechseln kann, und die grau-schwarzen Nebelkrähen. Es handelt sich hier nicht um zwei verschiedene Arten, sondern um Unterarten, die auch durchaus miteinander ein Paar bilden können. Sehr oft sieht man einen schwarzen und einen grau-schwarzen Elternteil – deren Junge dann ebenfalls beiderlei Federkleid aufweisen.

Im östlichen Österreich findet man nur noch Nebelkrähen, im westlichen vor allem Rabenkrähen – Wien ist dabei auch für Krähen ein Schmelztiegel.

Nebelkrähe

Nebelkrähe

Aaskrähen leben paarweise und verteidigen ganzjährig ihr Revier, besonders heftig zur Brutzeit von März bis Mai. Das ist auch notwendig, denn revierlose, nicht brütende Artgenossen streunen auf der Suche nach geeigneten Brutplätzen herum. Wird von einer Gruppe „heimatloser“ Aaskrähen ein schöner Platz mit Nestern gefunden, versuchen die Vögel diesen Ort für die nächste Brutsaison zu erobern.
Blutige Verteidigungskämpfe der Elternvögel gegen bis zu 20 „Besitzlose“ um ihr Nest, ihre Eier oder ihre Jungen, kommen immer wieder vor.
Aus diesem Grund betteln junge Aaskrähen auch sehr leise, um nicht auf sich aufmerksam zu machen.

Eichel- und Tannenhäher sind in der Lage, sich Futterverstecke bis zu 6 Monate lang zu merken. Kolkraben können Artgenossen gezielt täuschen, z. B. um kampflos an deren Futterverstecke zu gelangen. 

Fun Fact:
Eine junge Saatkrähe lernte in der EULEN- UND GREIFVOGELSTATION Haringsee, in einem Gehege Abflusslöcher des Wasserdurchflusses zu verstopfen und schuf sich auf diese Weise Bade- und Trinkgelegenheiten.

Saatkrähe

Saatkrähe

Aggressive Krähen?

Pro Jahr werden von Privatpersonen dutzende Krähenkinder aufgelesen – sehr oft die einzige Rettung für die Jungvögel, denn in Hundezonen, kleinen Parks oder auf befahrenen Straßen, haben sie  keine Chance.

Wird nun eine einzelne junge Krähe von Menschen großgezogen, lernt sie in der wochenlangen Pflege, Menschen als eine „etwas andere Krähenart“ kennen. Aaskrähen füttern ihre Jungvögel recht lange, bis mehr als 4 Wochen nach dem Ausfliegen werden die Jungen noch weitergefüttert. Auch die Ersatzeltern Mensch können nicht nach wenigen Tagen das Junge wieder freilassen. Sollte der Vogel nach erfolgter Freilassung überleben, wird er ab dem 2. Lebensjahr geschlechtsreif und beginnt dann auch die „etwas andere Krähenart Mensch“ je nach Situation eventuell zu bekämpfen. Auch wenn er „verwildert“ und nicht mehr „zahm“ und „zugänglich“ ist, bleibt eine Fehlprägung auf Menschen zurück und kann nie wieder rückgängig gemacht werden.

An in den Medien zumeist hochgespielten Attacken ist ganz bestimmt der eine oder andere handaufgezogene Vogel beteiligt. Wobei es definitiv Grenzen gibt: Geschichten von Krähen, die Menschen die Köpfe blutig schlagen oder die Augen aushacken, sind der blühenden Phantasie der jeweiligen Journalisten zuzuordnen. Bei Krähen können Spiel-, Aggressions- und Jagdverhalten fließend ineinander übergehen, das hat aber absolut nichts mit Bosheit zu tun.

Allerdings kann es vorkommen, dass auch nicht fehlgeprägte Krähen auf Menschen zufliegen, wenn es darum geht, ihre Jungen zu verteidigen. Im Stadtbereich gehört der Mensch zum Lebensraum und wird natürlich dementsprechend von den Krähen behandelt. Ein Mensch, der sich einem Jungtier nähert, wird zunächst von den Eltern misstrauisch beäugt und beobachtet. Wenn dann das Junge auch noch aufgehoben wird, um es über die Straße zu tragen oder an einen sicheren Ort zu verfrachten oder auch gefüttert wird, verstehen die Eltern natürlich nicht, dass dies in bester Absicht für das Junge geschieht – sie sehen nur ein Lebewesen, das ihr Junges bedroht. Vor allem Aaskrähen-Eltern sind extrem fürsorglich und anhänglich ihrem Nachwuchs gegenüber. In solchen Situationen kann sehr wohl passieren, dass ein resoluter Vater oder eine besorgte Mutter ein Junges verteidigt und den vermeintlichen Feind anfliegt oder auch einmal mit dem Schnabel hinschlägt. Das hat nichts mit Bosheit zu tun, sondern resultiert aus der streng territorialen Lebensweise der Vögel.

Rachitische Krähen

Alle Krähenarten (ebenso wie Vögel generell während der Jugendentwicklung) haben einen immens hohen Kalkbedarf, da sich das Vogelskelett in sehr schneller Zeit entwickeln muss. Vor allem im Stadtbereich werden immer wieder reichlich zurückgebliebene, magere Kümmerlinge aufgegriffen, die mit verbogenen Beinen und zerfleddertem Federkleid keine Chance auf ein normales Vogelleben haben. In solchen Fällen hilft meist auch eine weitere Aufzucht mit qualitativ hochwertigem Futter, sowie zusätzlicher Versorgung mit Kalzium, nicht mehr.

In Ermangelung geeigneter Nestlingsnahrung wie Gehäuseschnecken, Insekten und Regenwürmer machen sich Elternvögel in der Stadt sehr oft über menschliche Speisereste oder ähnliche Dinge her. Krähen sind ausgesprochen kluge Tiere, die schnell erlernen, Mistkübel zu plündern, um die Inhalte an ihre heranwachsenden Kinder zu verfüttern. Das füllt zwar den Magen, die körperliche Fitness des Jungvogels bleibt dabei aber auf der Strecke. Krähen auf dem Land haben deshalb in der Regel gesündere Junge, die sich schneller entwickeln und auch größer werden als ihre städtischen Artgenossen.

Krähen sind keine bösen Nesträuber

Aaskrähen, Elstern und Eichelhäher haben den schlechten Ruf, üble Nesträuber zu sein, die ohne Rücksicht die Nester von Kleinvögeln plündern.

Untersuchungen haben hingegen ergeben, dass sowohl bei Elstern als auch bei Aaskrähen während der Brutzeit bloß 0,1% - 0,2% ihrer Nahrung aus Vogeleiern und Jungvögeln bestehen. Reste von Niederwild (z. B. Feldhasen, Fasan) konnten nicht nachgewiesen werden. Krähenvögel haben keinen negativen Einfluss auf die Singvogelpopulation. Nur der großflächige Erhalt der Lebensräume kann kleine oder gefährdete Arten langfristig schützen – „regulierende Eingriffe“ wie Abschüsse und andere grausame Tötungsmethoden erreichen das sicher nicht.

Der beste Schutz für die Gelege und Jungen unserer Kleinvögel ist immer noch ein stark verwilderter Garten, wo Nester versteckt gebaut und flügge gewordene Junge in Brombeerhecken, Brennnesseln oder Wildrosengestrüpp Zuflucht suchen können – nicht nur vor Krähen, auch vor Katzen, Spechten, Eichhörnchen, Mardern und anderen Nesträubern.

Auch darf man nicht vergessen, dass Kleinvögel wie Meisen oder Amseln zwei, manchmal sogar dreimal pro Jahr brüten, Krähen hingegen nur einmal. Die Anzahl an geschlüpften Jungen kann in einem guten Jahr bei Kleinvögeln mehr als 15 Nachkommen ausmachen – wenn eines davon überlebt, ist für die Arterhaltung gesorgt.

Krähen kommen dagegen max. auf drei bis vier Junge pro Jahr und mit sehr viel Glück erreicht eines davon die Geschlechtsreife. Zudem sind Krähen klug genug, um gewisse Situationen ausnutzen zu können. Z. B. werden menschliche Störungen, die die Eltern vom Gelege treiben, sofort genutzt, um an die kurzfristig ungeschützten Eier oder Jungvögel zu gelangen. Tatsächlich kommt ein großer Teil der Gelegeverluste durch solche Störungen zustande.

Üblicherweise ziehen Krähen ihre Jungen während der ersten Lebenswochen mit Regenwürmern, Insekten und kleinen Gehäuseschnecken auf. Im Stadtbereich, vor allem in sauberen Gärten und Parkanlagen findet man als Elterntier wenig davon und muss, vor allem bei dem mit den Jungen mitwachsendem Hunger, auch anderes Futter herbeischaffen. Nicht von ungefähr nehmen ab Ende Mai die Attacken auf flügge Kleinvögel zu: Der Appetit der jungen Krähe steigt, sie werden selber flügge und benötigen mehr und qualitativ hochwertigeres Futter.

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