Gefährden Katzen unsere Singvogelpopulation?
Der schwere Rückgang der Vogelpopulationen wird immer wieder auf Hauskatzen zurückgeführt
Hauskatzen sind nicht nur verschmuste Stubentiger, sondern auch perfekte Jäger. Bestimmt hatte jeder, der eine Freigänger-Katze hat, schon einmal das zweifelhafte Vergnügen eine von seinem Liebling stolz nach Hause gebrachte Beute vorzufinden. Das sind in den meisten Fällen Mäuse, aber auch Vögel.
Aktuelle Vogelzählungen geben leider keinen Grund zum Optimismus und zeigen einen deutlichen Rückgang vieler Arten. Auffällig dabei ist jedoch, dass die größten Bestandsrückgänge bei Feldvögeln zu verzeichnen sind. Diese Arten leiden hauptsächlich durch die industrialisierte Landwirtschaft, die ihnen durch großflächigen Einsatz von Insektiziden und Pestiziden ihre Futterquellen raubt und ihre Nester und Gelege durch mechanische Bearbeitung des Bodens zerstört. Die Dichte an Hauskatzen auf unseren Feldern ist sehr gering und trägt zu den Bestandseinbußen nicht bei.
Anders die Situation in Siedlungsgebieten, wo neben Katzen eine Vielzahl anderer Beutegreifer, wie z.B. Marder, Sperber, Eulen, Krähen, Elstern, Eichhörnchen und andere sogenannte „Nesträuber“ eine Gefahr für Vögel darstellen. Selbst Wildkatzen waren für Wald- und Waldrandbewohner bis vor wenigen Jahrzehnten alltägliche Fressfeinde.
Wie man an dieser Aufzählung sehen kann, gibt es eine Menge Beutegreifer, die Sing- und andere Kleinvögel auf ihrer Speisekarte haben. Darunter etliche, die in sehr ähnlicher Weise jagen wie die Hauskatze. In jahrtausendlanger Evolution haben sich Vögel in den jeweiligen Lebensräumen an diese Gefahren angepasst. Sie entwickelten verschiedene Strategien, um das Überleben ihrer Art zu sichern. Eine davon ist ihre Fähigkeit, erstaunlich große Mengen Eier zu produzieren und mehrmals im Jahr ein Gelege großzuziehen. Andere betreffen die Auswahl des Neststandortes an geschützten und versteckten Plätzen oder auch spezielle Warnrufe und das gezielte Verleiten von Fressfeinden durch Vortäuschen einer Verletzung des Altvogels.
Junge Amseln
Vogelpopulationen, die in Gegenden leben, in dem die Vögel nie mit Boden- oder Luftfeinden konfrontiert waren, kennen alle diese Verhaltensweisen nicht. Oft haben Vögel, die z.B. auf geschützten Inseln leben, sogar ihre Fähigkeit zu fliegen verloren, weil diese körperliche Anstrengung für sie gar nicht nötig ist. Schleppt der Mensch dort Katzen, oder z.B. auch Ratten ein, haben die Vögel keine Chance sich gegen diese Bedrohung zu behaupten. In solchen Lebensräumen ist es für Katzen oder andere nicht heimische Beutegreifer ein Leichtes, ganze Arten von Vögeln und anderen Kleintieren auszurotten.
In unseren Breiten sind Singvögel jedoch an Beutegreifer angepasst. Wir Menschen dürfen ihnen nur ihr Leben nicht durch zu aufgeräumte Gärten ohne Dornenhecken und Brennnesseldickichte erschweren. Thujenhecken sind leider ein Beispiel für eine nicht heimische Pflanze, die unserer Vogelwelt überhaupt keinen Nutzen bringt. Im Gegenteil: Amseln, die ihr Nest in der vermeintlichen Sicherheit ihrer Zweige errichten, werden meist bitter enttäuscht. Die Hecke bietet durch das Nichtvorhandensein von Dornen oder verzweigter kleiner Ästchen keinerlei Schutz vor Katzen oder Mardern. Leider werden solche Nester mit ziemlicher Sicherheit von Beutegreifern, unter Umständen auch von Katzen, vernichtet.
Genauso haben Vogelästlinge, die hilflos auf kurzgeschorenem Rasen herumhüpfen, weil ihre Eltern kein Dickicht gefunden haben, in das sie die Kleinen leiten könnten, kaum Überlebenschancen. Unter solchen Umständen finden sich schnell Beutegreifer, die sich diese Mahlzeit nicht entgehen lassen.
Trotz all dieser menschgemachten Widrigkeiten und vieler Vogelkrankheiten, die in den letzten Jahren verschieden Arten, wie z.B. Amseln oder Grünfinken, heimgesucht haben, sind erstaunlicherweise die Bestandsrückgänge an Vögeln in Gärten und Siedlungen weit weniger dramatisch als die der Feldvögel. Und das, obwohl die Dichte an Katzen und anderen Beutegreifern hier so hoch ist wie nirgendwo sonst.
Die in Medien kursierenden immens hohen Zahlen an Vögeln, die angeblich Katzenopfer werden, beruhen auf Hochrechnungen und Schätzungen und können nur im Zusammenhang mit allen anderen Verlustursachen und der Reproduktionsrate der Vögel beurteilt werden.
Wie können Sie helfen?
Legen Sie zum Schutz von Singvögeln und ihrem Nachwuchs einen naturnahen Garten an. Dort finden die kleinen Vögel Schutz und ausreichend Futter, um sich und ihre Jungen zu versorgen. Solche Gärten sind wichtige Oasen in einer Umgebung voller Monokulturen und großflächiger Naturzerstörung.
Das Einsperren von Hauskatzen wäre dagegen nur ein Tropfen auf den heißen Stein, der unsere Vogelbestände in keinster Weise retten wird.
Bitte statten Sie ihre Hauskatze auch nicht mit einem Halsband mit Glöckchen aus. Diese Halsbänder können für Katzen lebensgefährlich sein und bringen nicht den gewünschten Nutzen. In dem Moment, in dem das Glöckchen klingelt, ist die Katze schon am Sprung und der Vogel hat sie hoffentlich rechtzeitig gesehen.
Bitte unterstützen sie Projekte, die sich um die Kastration von Streunerkatzen kümmern und füttern Sie keine Streunerkatzen, ohne gleichzeitig für ihre Kastration zu sorgen. So kann eine ungezügelte Vermehrung der Katzen und somit viel Tierleid verhindert werden.